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TV-Kurzkritik: Schulz in the Box

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ProSieben lässt Olli Schulz auf fremde Kulturen los: Dass das enorm peinlich wird, war vorherzusehen. Dass “Schulz in the Box” zugleich aber auch nachdenklich, manchmal intelligent und in seinen stärksten Momenten sogar wirklich aufschlussreich ist, damit haben wohl nur die wenigsten Kritiker gerechnet.

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Aber natürlich ist seine Unberechenbarkeit auch genau das, was Oliver Marc Schulz auszeichnet. Der gebürtige Hamburger singt (mit seiner Band “Olli Schulz und der Hund Marie”), talkt (“Bei Olli” im NDR), moderiert (“Sanft & Sorgfältig” mit Jan Böhmermann auf radioeins) und gibt als Schulzkowski den Sidekick für Joko & Klaas. Dementsprechend hatten auch die Verantwortlichen von ProSieben vermutlich nur eine grobe Vorstellung davon, was beim Experiment “Schulz in the Box” am Ende rauskommen würde. Und auch einige Zuschauer, die am Montagabend eine belanglose Gagparade à la “Circus HalliGalli” erwartet hatten, dürften überrascht gewesen sein.

Das Konzept ist denkbar einfach. Schulz wird in eine große Kiste gesteckt und an einen ihm unbekannten Ort verfrachtet, wo er dann eine Aufgabe erledigen muss. Klar, das ist nicht mehr als ein effektiver Vorwand dafür, ihn in möglichst absurde Situationen zu bringen, in denen er sein volles Peinlichkeits-Potential ausschöpfen kann. Und natürlich nutzt er diese Gelegenheit auch reichlich aus. Aber er belässt es nicht dabei. Zum Glück.

Schulz hat die Fähigkeit, dahin zu gehen, wo es wehtut – ohne dabei aufdringlich oder gar verletzend zu werden. Mit seinem Schlafzimmerblick und seiner fast schon tapsigen Art ist er selbst so etwas wie ein Sonderling, zumindest in der deutschen TV-Landschaft. Unangepasst und sympathisch schafft er es, seinen Protagonisten immer wieder erstaunlich ehrliche Aussagen zu entlocken, die man auf der Couch bei Günther Jauch so wohl nie gehört hätte. Vielleicht gerade weil Schulz zu keinem Zeitpunkt auf Erkenntnisgewinn aus ist, ist “Schulz in the Box” am Ende erhellender als manches, was einem die Öffentlich-Rechtlichen als “Bildungsfernsehen” verkaufen wollen.

Natürlich darf man das alles dennoch nicht überbewerten. Mehr als ein kurzer, einseitiger Einblick in eine Kultur ist auf keinen Fall drin, einige Längen schleichen sich auch ein, und der erklärende Off-Kommentar, zu dem Schulz anscheinend von den Produzenten gezwungen wurde, wirkt manchmal etwas aufdringlich und lenkt eigentlich nur ab. Auch ein paar technische Mängel und ein bestenfalls routinierter (schlimmstenfalls einfallsloser) Schnitt kosten noch ein paar Prozentpunkte. Aber das ändert nichts daran, dass hier ein Versuch, der auch gnadenlos in die Hose hätte gehen können, im Großen und Ganzen hervorragend geglückt ist.

Fazit:
Die Möglichkeiten zum Fremdschämen sind zahlreich, aber dank Olli Schulz wird “Schulz in the Box” kein witzloses Kuriositätenkabinett, sondern ein kurzer, aber lohnender Ausflug in eine Welt fern unseres Alltags.

Gibts in der Box eigentlich was zu trinken? Von uns auf jeden Fall drei von fünf Pfeffis, Prost!
3Pfeffis




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